Aber damit hat die Truppe ja heute nix mehr zu tun.
Das Beispiel mit dem Hartz-IV-Empfänger ist noch nachvollziehbar. Aber nimm mal den Studenten, den ich erwähnt hab. Die FDP hatte damals in ihrem Landtagswahlprogramm stehen, dass sie für die Einführung von Studiengebühren ist. Gegen diese hatte der Student aber protestiert. Er hat also eine Partei gewählt, die genau das machen wollte (und damals dann auch gemacht hat), wo er gegen war und sogar gegen kämpfte. Und was ihn auch sehr direkt betraf. Er konnte mir übrigens auch keinen sinnvollen Grund dafür nennen.
Nehmen wir jetzt mal den Fall eines Gruftis, der die AfD wählt. Es gibt im Programm der AfD sehr weit gediehene Ideen durch staatliches Eingreifen für "deutsch" genug befundenes Liedgut zu fördern, als Teil der Förderung des Ansehens deutscher Kultur. Z.B. indem man Fernsehen und Radio vorschreibt, was sie musikalisch zu senden haben (die Berichterstattung der Öffentlich-Rechtlichen soll davon auch betroffen sein, soviel zum Thema "Lügenpresse", aber das ist für meinen Gedankengang nicht weiter wichtig). Wenn die AfD - mal angenommen - am Ruder wäre und das wirklich umsetzt, halte ich es für absolut wahrscheinlich, dass ihr dann auch einfällt, sowas auf Diskotheken und Festivals auszuweiten. Wenn man nämlich erstmal anfängt mit sowas - das ist immer in der Politik so oder zumindest sehr häufig - findet man schnell immer neue Gelegenheiten. Naja, die Folgen für Szeneveranstaltungen kann man sich vorstellen. War dann wohl kaum der Wunsch des Gruftis.
Oder die Klamotten. Da brauch nur einmal irgendein Spinner in schwarzen Klamotten einen Mord begehen und eine amtierende AfD-Regierung will sich mit einfachen sinnlosen Aktionen als Law-and-Order-Truppe aufspielen. Ich trau dieser Partei dann schon zu, dass sie ein Gesetz verabschieden würde, oder eine Verordnung, die in irgendeiner Weise auf unsereins abzielt. Vielleicht so ähnlich wie bei der CSU mit ihrer Registrierungsliste für psychisch angeknackste Personen.
Dann wird der AfD-wählende Grufti da auch wohl etwas verdutzt gucken.
Weit hergeholter als die Hoffnungen des Hartz-4-Empfängers in Bezug auf die FDP ist das auch nicht

Jedenfalls hätte der Grufti, in diesem hypothetischen Szenario, auch im Grunde gegen seine Interessen gewählt, egal was er sich sonst so erhoffte.
Denn: Was man sich ausrechnet, was eventuell ganz vielleicht die Partei für einen bewirken könnte, ist nicht zwingend identisch mit den tatsächlichen eigenen Interessen.
Letztes Jahr gab es dazu ein schönes Beispiel einer Trump-Wählerin in Kalifornien. Sie hatte Trump gewählt, ausdrücklich weil er versprach die kriminellen Einwanderer rauszuschmeißen. Sie wollte sich sicherer fühlen.
Ein halbes Jahr später wird ihr Ehemann eingebuchtet und abgeschoben. Er war nämlich Mexikaner, vor über 20 Jahren illegal eingewandert, auch wenn er inzwischen mit gutem Job und amerikanischer Frau geduldet war und nur einmal im Jahr sich bei einer Behörde melden musste. Nur: Rein juristisch gesehen hatte er eine Straftat begangen, als er illegal einwanderte, damit war er ein krimineller Einwanderer. Da Dame war dann ziemlich entsetzt, als ihr Mann auf einmal zur Grenze gekarrt wurde und verstand die Welt nicht mehr. Sie hat vielleicht geglaubt, im Sinne ihrer Interessen zu handeln als sie Trump wählte (mal ehrlich: Jeder Wähler denkt das und legt sich irgendeine Begründung zurecht). Aber tatsächlich hat sie das eben nicht.
Die meisten Menschen verstehen häufig ja nicht mal wo ihre Interessen liegen. Bestes Beispiel sind die Leute, die staatliche Überwachung nicht für ein Problem halten mit der Begründung, sie hätten nix zu verbergen...